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Georeferenzierung

Im letzten Jahrzehnt hat das Verarbeiten von raumbezogenen Daten einen enormen Aufschwung erlebt. Hunderte Millionen Fahrzeuge sind mit einem Navigationssystem unterwegs, 2 Milliarden Smartphones nützen Zellortung und/oder GPS-Empfänger zur Lokalisierung des Standortes. Drohnen überfliegen Landschaften und generieren geographische Daten in höchster Auflösung, Satelliten vermessen die Erde in einem unglaublich dichten Netz.

Große Datenbanken verwalten diese Daten. Google Earth allein umfasst etwa 3 Petabytes. Microsoft unterstützt seit SQL Server 2008 die Verarbeitung von raumbezogenen Objekten, wie Punkte, Linien und Flächen. Die Verknüpfung mit Attributen, wie Straßennamen, Flächennutzung etc. ist in Datenbanken einfach und gibt der Statistik ein breites Betätigungsfeld. Grundlage all dieser Daten ist die Georeferenzierung – das Zuweisen von Raumkoordinaten.

Diesmal möchte ich auf eine Anwendung hinaus, die eher der Kartografie zuzuordnen ist. So gibt es wunderschöne Papierkarten in hervorragender Qualität, die vielleicht als digitale Bilder, nicht aber als digitale Karten verfügbar sind. Oft fallen alte Militärkarten, Gebirgskarten und manches mal auch Karten von lokalen Tourismusvereinen in diese Kategorie. Möchte man diese Karten auf seinem GPS-Gerät nutzen, ist eine Georeferenzierung erforderlich. Georeferenzieren ist hier der Prozess einen Satz von Rasterdaten, bzw. Pixel-Koordinaten, einen entsprechenden Satz an Geo-Koordinaten zuzuordnen.

Ein paar Wurzeln

Die geographischen Koordinaten können auf zwei Arten bestimmt werden:

  • Übernahme der Gitter-Koordinaten aus der Papierkarte selbst
  • Identifizieren von Landmarken und Übernahme der Referenzkoordinaten

Übernahme der Gitterkoordinaten

Dazu müssen auf der Karte Angaben zum Koordinatenreferenzsystem (CRS) vorhanden sein. Im wesentlichen sind das Informationen zum Bezugspunkt, dem Ellipsoid und der Projektion. Ohne dem CRS können die Werte der Gitterpunkte räumlich nicht richtig zugeordnet werden.

Österreichische Karten werden seit 2010 auf das Erdellipsoid des Europäischen Terrestrischen Referenzsystems 1989 (ETRS89) bezogen. Die Abbildung in die Ebene erfolgt durch die Universale Transversale Mercator (UTM)-Projektion. Der EPSG-Code ist 4258.

Davor war das System MGI gebräuchlich. MGI steht für das Militärgeographisches Institut, der Vorläuferorganisation der heutigen BEV. Das geodätische Datum MGI bezieht sich auf das Bessel-Ellipsoid von 1841. Die Abbildung in die Ebene erfolgt durch die Gauß-Krüger-Projektion (Referenz BEV). Die EPSG-Codes:

MGI Austria GK M28
EPSG:31257
MGI Austria GK M31
EPSG:31258
MGI Austria GK M34
EPSG:31259
CRS

Nicht alle alten Karten Österreichs haben dieses CRS. Leider fehlen die CRS- Angaben oft.

Übernahme der Referenzkoordinaten

In diesem Fall sollten nur die Projektionen von Referenzkarte und Papierkarte identisch sein. Wenn nur kleine Flächen abgebildet werden, ist das nicht so kritisch. Andernfalls bleiben Verzerrungen bestehen. Die Papierkarte bekommt das CRS der Referenzkarte.

Der Arbeitsablauf besteht aus der Identifizierung identischer Landmarken in der Papier- und der Referenzkarte. Nach einer ausreichenden Anzahl von Referenzpunkten ist jedes Pixel mit einer Raumkoordinate verknüpfbar.

Im letzten Schritt wird jedes Pixel der Papierkarte umgerechnet. Dabei wird die Karte entzerrt, d.h. nach Norden ausgerichtet und so verformt, dass die Gitterlinien – so sie vorhanden sind – gerade und gleichabständig sind. Das geschieht durch Transformationen. Die gebräuchlichsten Transformationen sind: (i) Translation; (ii) Rotation und (iii) Skalierung.

Translation
Translation

Die 3. Dimension ist ein Trick, um die Translation in Matrixform darstellen zu können.

Skalierung
Translation

Bei Sx=Sy ist die Abbildung konformal.

Rotation
Translation
Affine Abbildung

Die 3 Einzelmatrizen lassen sich zu einer Matrix A zusammenfassen:

Translation

Eine Abbildung , bestehend aus Translation, Rotation und Skalierung, heißt affine Abbildung.

Arbeitsablauf

Die prinzipiellen Schritte sind:

  • Graphische Aufbereitung und Konvertierung ins Importformat
  • Import und Georeferenzierung
  • Konvertierung für das persönliche GPS-System

Graphische Aufbereitung

Papierkarten müssen zuerst gescannt werden. Eine Farbtiefe von 8bit und eine Auflösung zwischen 250 und 500 dpi sind i.a. ausreichend. Die Karte wird grob nach Norden ausgerichtet und alle irrelevanten Kartenbestandteile werden entfernt. Texteinschübe im Kartenbereich werden ausgeschnitten und bevorzugt ein transparenter Bereich zurückgelassen.

Zur Weitergabe der Daten eignet sich am besten das Tiff-Format. Eine Komprimierung ist empfehlenswert. Bei Fotos ist jpeg mit mittlerer Kompression die erste Wahl. Bei Liniengrafiken wird lzw meist die bessere Qualität haben. Das sind nur Hinweise für den Start. Man muss den Kompromiss zwischen Qualität, Dateigröße und Rechenzeit für eine gegebene Karte experimentell ausloten.

Georeferenzierung

Alle großen GIS-Systeme, wie ArcGIS oder QuantumGIS, beherrschen diese Technik. Allerdings ist der Fußabdruck dieser Systeme riesig und die Lernkurve ziemlich steil. Nur zum Georeferenzieren sind diese Systeme unangemessen.

Für unseren speziellen Zweck gibt es geeignetere Tools. Ein Überblick folgt gleich.

Konvertierung

Leider hat sich bei den GPS-Geräten kein Standard durchgesetzt. Nahezu jedes Gerät hat seinen eigenes Format der Geo-Daten. Die proprietären Kartenformate sind ein Geschäftsmodell. Zum Konvertieren braucht man spezielle Programme wie die schon erwähnte Software Mapc2Mapc oder den Mobile Atlas Creator.

Tools zum Georeferenzieren

Prinzipiell lassen sich 2 Arten von Tools unterscheiden: (i) Online-Tools, die über einen Browser bedient werden und keine Installationen benötigen, auch als SW as a Service (SaaS) bezeichnet und (ii) lokal installierte SW.

Google Earth (SaaS)

Google Earth verlangt eine lokal installierte Client-SW. Die Georeferenzierung erfolgt durch das Übereinanderlegen der eigenen Karte über der Google-Karte. Das klappt für kleine, kontrastreiche Gebiete bis 1 km² ganz gut. Für größere Karten wird es zunehmend schwierig und zunehmend ungenau.

Google Earth ist ein sehr einfach zu bedienendes Online-Tool. Bei kleinen Kartenausschnitten lohnt sich ein Versuch fast immer, weil es so schnell geht.

Map Warper und Georeferencer (SaaS)

Map Warper und das sehr ähnliche Georeferencer sind Online-Tools, die keinerlei Installation benötigen. Die Georeferenzierung erfolgt durch Identifikation identischer Punkte auf der eigenen Karte und der Online-Referenzkarte.

Map Warper ist „free“, die hochgeladenen Karten sind allerdings öffentlich. Ein Löschen ist nicht möglich. Georeferencer startet ab 5 USD pro Monat. Die Zugriffsrechte der hochgeladenen Karten sind konfigurierbar.

Für beide gilt: Ein in jeder Hinsicht gelungenes Service: leistungsfähig, intuitive GUI und einfache Bedienung.

--> Map Warper Demo

MapCruncher

Der Oldie von MS war gut, ist aber leider tot, seit die API der Bing-Karten geändert wurde.

Mapc2Mapc

Mapc2Mapc ist Shareware und kostet ca. 18 Euro. Wie der Name schon andeutet, ist sein Hauptzweck das Portieren von Karten zwischen unterschiedlichen GPS-Systemen. Das Programm unterstützt eine enorme Vielfalt unterschiedlichster Systeme, darunter auch Papierkarten. Die Georeferenzierung läuft ähnlich ab, wie bei Map Warper.

Die Web-Site mutet gründerzeitlich an, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Der Inhalt ist gut und der Autor John Thorn sehr hilfsbereit.

Mapc2Mapc ist ein schmuckloses Tool mit ausgereifter Funktionalität, guter Hilfe und vielen Konvertierungsmöglichkeiten. Sehr empfehlenswert.

--> Mapc2Mapc Demo

QMapTool

QMapTool ist noch in Entwicklung, die Grundfunktionalität ist aber bereits vorhanden. Es wird zusammen mit QMapShack (kurz QMS) - ein Programm zum Planen und Archivieren von Touren - installiert.

Das Besondere an QMS ist die Kartenvielfalt. Es können Raster-, Vektor-, Offline- und Online-Karten alternativ oder gleichzeitig, mit variabler Transparenz, genutzt werden. Unterschiedliche Bezugsysteme werden im Hintergrund angepasst.

Das Besondere am QMapTool ist das Gitterwerkzeug, mit dem die Geo-Koordinaten der Gitterpunkte in der gescannten Karte besonders flott übernommen werden können. Natürlich wird auch das Referenzieren mit Landmarken unterstützt. Besonders gut ist die Zusammenarbeit mit QMS.

Die Ausgabe ist immer ein Geotiff-File, optional mit Overviews. Ein zusätzlicher vrt-File für die Darstellung der referenzierten Karte in QMS kann ebenfalls optional generiert werden. Weitere Ausgabeformate sind geplant, aber aktuell (01/2018) noch nicht verfügbar.

QMapTool ist jetzt schon gut brauchbar. Wer mit QMapShack vertraut ist, wird sich gleich zurecht finden. Das Manual ist im Entstehen.

--> QMapTool Demo

ILWIS

ILWIS steht für „Integrated Land and Water Information System“. Es kombiniert statistische Analysen, Bildverarbeitung mit geographischen Daten. Die Funktionsvielfalt ist groß und die Anwendung dementsprechend diffiziler. Dennoch ist ILWIS relativ schlank, vor allem in Vergleich zu QGIS und ArcGIS. Die Downloadgröße von ArcGIS 10 beträgt 1080 MB, bei QGIS etwa 390 MB und bei ILWIS 3.3 rund 19 MB.

ILWIS hat ein bisschen den Charakter einer geschickt angeordneten Toolsammlung. Es ist vor allem im akademischen Bereich sehr verbreitet. Auffallend ist die ausgezeichnete Hilfe, die nicht nur erklärt, sondern auch Anwendungshinweise gibt.

In ILWIS stehen folgende Transformationen zur Verfügung :

  • Konformal: mindestens 2 Referenzpunkte erforderlich
  • Affin: empfohlen für Satellitenbilder und viele Vektorkarten; mindestens 3 Referenzpunkte erforderlich
  • Zweiter Ordnung bilinear: mindestens 4 Referenzpunkte erforderlich
  • Zweiter Ordnung allg.: mindestens 6 Referenzpunkte erforderlich;
  • Dritter Ordnung: mindestens 10 Referenzpunkte erforderlich;
  • Projektive: empfohlen für gescannte Fotos, ohne DTM; mindestens 4 Referenzpunkte erforderlich;

Mit ILWIS können auch Luftaufnahmen entzerrt werden. Perspektive, Kamerawinkel und Reliefeinfluss werden herausgerechnet.

ILWIS ist in der Handhabung deutlich anspruchsvoller, als alle anderen hier angesprochenen Tools. Andererseits bietet es natürlich auch sehr viel mehr an Möglichkeiten. ILWIS ist als GIS-System nicht mehr up-to-date, aber Georeferenzierung und Bildentzerrung sind zeitlos klassische Aufgaben, für die es immer noch sehr gut einzusetzen ist.

--> ILWIS Demo

Demos

Die Demos fokussieren sich auf das Wesentliche, um das Typische der Programme besser hervortreten zu lassen. Sie sind nicht als Tutorial konzipiert. Demos:

 

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